Autor: Dr. Cyrill Sauer
…muss es dennoch nicht zu einem Schrecken ohne Ende kommen, wie der Endlos-Reim, an den die Überschrift erinnert, vielleicht vermuten lässt.
Die Haut ist neben dem Federkleid das Organ des Vogels, das Umwelteinflüssen unmittelbar ausgesetzt ist. Sie hat äußerst wichtige Schutzfunktionen. Diese kann sie aber nur dann erfüllen, wenn sie gesund und unverletzt ist. Viele Hauterkrankungen sind Folge eines nicht optimalen Nahrungsangebotes oder von Stoffwechselstörungen, insbesondere der Leber. Oft verschlimmern Bakterien oder Pilze noch den Zustand und es bilden sich Unterflügelekzeme. Ähnlich großflächige Hautdefekte können durch Verletzungen, Tumore oder Selbstverstümmelung (Automutilation, besonders bei Kakadus) entstehen...
Artikel aus der Zeitschrift Papageien (7/2009) im PDF-Format
Die Besonderheit der Vogelhaut ist die Befiederung. Die Federn dienen dem Vogel nicht nur zur Isolation und zur Erhaltung der Körpertemperatur, zum Wasserschutz und zum Flug, sondern sind auch für das Sozialverhalten, wie z. B. bei der Balz, und zum Nestbau wichtig. lm Vergleich zum Säuger ist die Haut ‑ mit Ausnahme der unbefiederten Stellen ‑ sehr dünn. Die Federn entwickeln sich aus Hauteinstülpungen, den sogenannten Federfollikeln. Im Gegensatz zum Säuger besitzt die Vogelhaut außer der am Schwanzansatz befindlichen sogenannten Bürzeldrüse keine Schweiß‑ und Talgdrüsen (letztere finden sich nur im äußeren Gehörgang). Eine ausgebildete Konturfeder besteht aus dem Federkiel, welcher sich in die kurze Federspule und den sich über der Haut erhebenden Federschaft unterteilt. Die Federfahne besteht aus unzähligen, feinen Seitenästen, welche mit feinen Häkchen miteinander verbunden sind. Die einzelnen Federn des Erwachsenengefieders lassen sich grob in Konturfedern, Daunen und Fadenfedern unterteilen. Bei den Konturfedern wird unterschieden zwischen den eigentlichen Deckfedern, den Schwungfedern und den Schwanzfedern. Die Daunen oder Flaumfedern sind kleiner, ohne Häkchen und liegen beim erwachsenen Tier unter dem Deckgefieder. Eine Sonderform sind die Puderdaunen, welche durch Zerfall einen feinen Staub bilden und besonders stark bei Kakadus, Graupapageien und Tauben ausgeprägt sind. Fadenfedern befinden sich an den Augenlidern als Wimpernersatz, an den Nasenöffnungen und im Schnabelwinkel. Der Federwechsel, die sogenannte Mauser, wird stark von Brut, Aufzucht der Jungen sowie jahres‑ und standortlichen Schwankungen beeinflusst. Die Mauser vollzieht sich vogelartspezifisch in unterschiedlichen Rhythmen. In der Regel bleibt das Tier hierbei flugfähig, und es treten keine kahlen Stellen im Gefieder auf. Ein erhöhtes Schlafbedürfnis und eine verminderte Widerstandsfähigkeit durch einen um circa 30 % gesteigerten Energieumsatz sowie ein vermehrtes Putzen des Gefieders werden in dieser Zeit beobachtet. Die Schreckmauser ist ein Schutzreflex des Vogels. Mechanische Federschäden sind oft auf fehlerhafte Haltungsbedingungen wie zu enge Käfige und Überbesatz zurückzuführen. Sekundäre Schäden werden daneben als Folge bzw. Begleiterscheinungen schwerer Erkrankungen gesehen, die kranken Tiere sitzen auf dem Käfigboden und zeigen aus diesem Grund ein stark zerstoßenes Schwanzgefieder.
Zahlreiche Federmissbildungen sind erblich bedingt, eine Folge von Inzucht bzw. wurden durch „gezielte Verpaarung herausgezüchtet“. Als Beispiele werden hier genannt: die Langfedrigkeit bei englischen Schauwellensittichen, die Glatzenbildung am Hinterkopf beim Kanarienvogel und in der Scheide steckengebliebene Federn und FederbaIgzysten. Da diese Federdefekte genetisch bedingt sind, ist eine Behandlung nur operativ in Verbindung mit der Verödung der entsprechenden Federansätze sinnvoll.
Ein Federrupfen der Nestlinge durch die AIttiere wird gelegentlich bei Wellensittichen und Agaporniden, aber auch vereinzelt bei anderen Vögeln beobachtet. Während der Balzzeit wird das Weibchen oft bis zur vollständigen Glatzenbildung am Hinterkopf gerupft. Auch bei Überbesatz, fehlerhaftem Besatz mit verschiedenen Vogelarten oder bei Zusetzen eines neuen Tieres ohne vorherige Eingewöhnungszeit in eine Voliere kann es zum Federrupfen durch andere Tiere kommen. Werden Nestlinge gerupft, empfiehlt sich das Öffnen der Nisthöhle, Umsetzen zu Ammen oder Handaufzucht. Bei sonstigem Rupfen sollten festgestellte Ursachen beseitigt werden, die Vögel separiert und eventuell eine Futterumstellung vorgenommen werden. Der Einsatz übelriechender bzw. –schmeckender Salben oder Spray´s kann u. U. den Erfolg kurzzeitig verbessern.
Prinzipiell kann jede Erkrankung der inneren Organe (z. B. Schilddrüse, Gonaden, Leber, Niere) infektiöser und nichtinfektiöser Natur zu Befiederungsstörungen und Hauterkrankungen führen. Oft finden Verschiebungen im Stoffwechsel statt, welche dann zu charakteristischen Hautveränderungen (z. B. „Stressmarken“) führen.
Bei gestörter Schilddrüsenfunktion können neben anderen klinischen Symptomen (z. B. Verfettung, Atemnot durch Einengung der Luftröhre bei Schilddrüsenvergrößerung usw.) auch Befiederungsstörungen, wie symmetrischer Federausfall ohne Juckreiz, ausgefranstes, glanzloses Gefieder, verzögerte Federwachstumsrate, Federmissbildungen und Schwarzverfärbung an der Federspitze gesehen werden. Eine Behandlung sollte wegen der Komplexizität unter tierärztlicher Kontrolle und zunächst in einer Optimierung der Fütterung (gegebenfalls Lebertrangaben) und vermehrtem Zugang zu Tageslicht und Jodgaben (Lugolsche Lösung) über das Trinkwasser durchgeführt werden. Derartige Störungen werden heutzutage nur noch selten beobachtet.
Tumoren, Zystenbildung und entzündliche Veränderungen der Gonaden können auch zu symmetrischem Federausfall ohne Juckreiz, Federverlust mit kahlen Stellen vor allem am Hinterkopf, am Hals und Flügelbug und in fortgeschrittenen Fällen zu vollständiger Federlosigkeit führen. Besonders bei älteren Kanarien wird dies beginnend mit einer Glatzenbildung am Hinterkopf gesehen. Außer bei Tumoren und Zysten kann eine Behandlung mit Hormonen Erfolge zeigen.
Bei verschiedenen nichtinfektiösen und infektiösen Erkrankungen der Leber im Sinne einer Fettleber, einer Leberentzündung oder von Lebertumoren können auch verschiedene Befiederungsstörungen beobachtet werden, welche sich auffällig in einer Verschlechterung der Gefiederqualität und Pigmentveränderungen des Gefieders manifestieren. Graupapageien bekommen vermehrt rote Federn und bei Amazonen wird das Gefieder deutlich dunkler. Eine Behandlung dieser Befiederungsstörungen ist von der Behandelbarkeit der Grundkrankheit abhängig.
Nierenerkrankungen können ebenfalls zu Federausfall ohne Juckreiz, Federwachstumsstörungen und zu Hautentzündungen führen. Chronische Infektionen der Niere gehen des öfteren mit Federausfall und Nachwachsen nur von Daunengefieder einher. Eine Besserung des Gefiederzustandes ist nur durch eine erfolgreiche Behandlung der Grundkrankheit zu erwarten.
Bei Hautwunden handelt es sich häufig um Bisswunden durch Käfiggenossen bzw. Säugetiere. Daneben werden oft Wunden durch unsachgemäße Haltungsbedingungen, bei Wildvögeln durch Unfälle gesehen. Besonders Kakadus neigen dazu, sich selbst, insbesondere im Bereich der Brust, zu verstümmeln (Automutilation). Dies wird sporadisch auch bei anderen Papageienvögeln und Sittichen beobachtet. Die Behandlung richtet sich nach den allgemeinen chirurgischen Grundsätzen. Die Wundheilung erfolgt beim Vogel in der Regel schneller als beim Säuger. Während des Heilungsverlaufes ist darauf zu achten und ggf. zu verhindern, dass sich die Vögel die Wunden erneut aufbeißen. Besonders Katzenbisse erfordern aufgrund der Gefahr einer bakteriellein (insbesondere Pasteurella) Infektion und dadurch bedingter lebensbedrohlicher Septikämie eine schnellstmögliche Antibiotikaverabreichung.
Eine Behandlung dieser oft sehr nachhaltigen Gewebsveränderungen erfolgt nach den allgemeinen chirurgischen Grundsätzen. Dabei kommen oft Hautimplantate mit gutem Erfolg zum Einsatz.
(Siehe Artikel: "Und wenn die Haut aber nun ein Loch hat..." - PDF)
Das Sekret der Bürzeldrüse sorgt für den Wasserschutz des Gefieders. Es hat außerdem eine Schutzwirkung gegen Pilze und spielt durch spezifische Geruchsstoffe ein Rolle bei der Kommunikation unter den Individuen. Störungen der Drüsentätigkeit müssen in der Regel chirurgisch durch Ausräumen der Drüse und mehrmaliges Spülen der Ausführungsgänge behandelt werden. Eine teilweise oder vollständige Entfernung der Drüse beeinflusst das Federwachstum im allgemeinen nicht, da die Sekretproduktion von den Keratinozyten der Haut übernommen wird. Bei Enten und anderen Wasservögeln ist allerdings bei Verlust der Drüse Besprühen mit einem Ersatzfett nötig.
Jede Form von Haltungsfehlern (Käfiggitter, Sitzstangen) und Mangelernährung kann sich in Veränderungen des Schnabels und der Krallen manifestieren. Schnabel‑ und Krallendeformationen treten auch im Zusammenhang mit genetischen Faktoren, Verletzungen und Brutfehlern auf. Übermäßiges Schnabelwachstum ist auch als Folge einer Circovirusinfektion oder von Lebererkrankungen vornehmlich bei Wellensittichen und Nymphensittichen beschrieben. Erblich bedingte Schnabelveränderungen treten ebenfalls gehäuft bei Wellensittichen und Kanarienvögeln auf. Die Behandlung besteht, soweit möglich, im Abstellen der auslösenden Ursachen und in einer Schnabel‑ und Krallenkorrektur.
Zubildungen der Haut sind oft von tumoröser Natur. Eine Behandlung ist meist nur auf chirurgischem Wege möglich. Hautentzündungen (Dermatitiden) werden beim Vogel vermehrt im Verlauf von systemischen Erkrankungen gesehen. Daneben treten Infektionen der Haut im Zuge von Federrupfen, unter anderem bedingt durch ungenügende Haltungsbedingungen, auf. So wird die sogenannte Stressdermatitis besonders bei rangniederen Agaporniden an den Flügelunterseiten gefunden. Flügelekzeme treten insbesondere bei Federfressern auf und sind oft sekundär mit Kokken infiziert. Eine Entzündung der Ständer („bumble foot“ – „Dicke Hände“) tritt besonders bei Greifvögeln und Käfigvögeln mit unzureichenden Sitzgelegenheiten und Bewegungsmangel auf. Eine Behandlung dieser sehr komplex bedingten Schäden kann sehr aufwendig und langwierig sein.