Pilzinfektionen werden beim Vogel überwiegend durch die allgegenwärtig vorkommenden Aspergillus-Gattungen (Asp. fumigatus, Asp. flavus u. Asp. niger; aber auch Mucor sp. und Penicillium sp.) verursacht, so dass man oft von „Aspergillose“ spricht. Besonders bei den aus den Tropen stammenden Papageien (v.a. Graupapageien und Amazonen) ist die Aspergillose in unseren Breiten eine der häufigsten Erkrankungen und Todesursachen.
Die Pilzsporen gelangen auf dem Atemweg in die Atmungsorgane (obere Luftwege, Lunge, Luftsäcke) des Vogels und vermehren sich im dortigen Gewebe (wie sie es z.B. auch in einem geöffneten Kompottglas tun). Je nach Fall kommt es zu Verwachsungen und Verdickungen (Pilzrasen), zur Bildung käsiger Knötchen (Pilzgranulome) oder ganz einfach zu einer Verdichtung des Lungengewebes. Sitzt ein Granulom an einer ungünstigen Stelle der Luftröhre oder der Bronchien (z.B. am Syrinx – der Stelle, wo sich die Luftröhre in die zwei Hauptbronchien aufteilt), kann es durch das erschwerte Ausatmen zu einer Überdehnung der hinteren Luftsäcke kommen. Nicht selten muss man hier leider auch einen plötzlichen Erstickungstod registrieren.
Das Krankheitsbild ist sehr stark von der Lokalisation und dem Schweregrad der Veränderungen abhängig. Plötzliche Todesfälle ohne vorheriges Beobachten irgendwelcher
Krankheitsanzeichen sind relativ selten. Meist fällt seit einiger Zeit Teilnahmslosigkeit, Schwäche und Abmagerung , sowie glanzloses und gesträubtes Gefieder auf.
Durch die von den Pilzen ausgeschiedenen Gifte (Mykotoxine) kann es zu zentralnervösen Störungen (z.B. epileptiforme Anfälle, Zittern) und zu Störungen des Magen-Darm-Traktes (z.B. Durchfall, Fressunlust, Würgen, Erbrechen) kommen. Weiter führen diese Gifte zu einer Schädigung der Leber, der Niere und des Herzens. Atemprobleme treten oft erst bei fortgeschrittener Erkrankung auf. Hierbei ist eine Erhöhung der Atemfrequenz und der Atemtiefe, das Auftreten von Atemgeräuschen oder Niesen zu beobachten. Oft sieht man eine Atmung bei geöffnetem Schnabel und gestrecktem Kopf, Backenblasen und atemsynchrones Schwanzwippen. Da der Vogel im Syrinx seine Laute produziert, kann es bei entsprechender Lokalisation eines Granuloms auch zur Veränderung oder zum Verlust der Stimme kommen. Im Bereich der Nasenlöcher können Pilzgranulome die Öffnungen verstopfen und das umliegende Schnabelgewebe zerstören. Im Ausnahmefall können sich Schimmelpilze auch auf anderen Organen (z.B. Haut, Augen oder Gehirn) ansiedeln.
Wichtigstes Diagnosemittel des Tierarztes ist die Röntgenuntersuchung. Hier können die beschriebenen Veränderungen am lebenden Vogel sichtbar gemacht werden. Einen Teil dieser Veränderungen (Luftsäcke und hinterer Rand der Lunge) kann man auch bei einer endoskopischen Untersuchung beurteilen. Durch Abstriche aus der Luftröhre und durch Blutuntersuchungen kann sich der Tierarzt das Bild über das Ausmaß der Erkrankung vervollständigen.
Die Ursachen für das häufige Auftreten der Aspergillose bei Ziervögeln sind sowohl in den Haltungsbedingungen als auch in der Fütterung und Betreuung der Tiere zu suchen. Die Frage der Luftfeuchtigkeit stellt dabei eines der Schlüsselprobleme dar. Während die Vögel in ihrer Heimat oft bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von über 80 % leben, liegt diese in unseren Wohnungen nicht selten bei nur 30 – 40%. Optimal wären mindestens 60%. Die Schleimhäute der Atemwege trocknen deshalb aus und werden brüchig und somit empfänglich für eine Pilzbesiedelung. Aber auch Faktoren wie Stress, Vitaminmangel (besonders Vitamin A), schlechte Raumluft und Lichtmangel machen die Atmungsorgane des Vogels angreifbarer für Pilze. Bei ungenügender Bewegung werden die Atmungsorgane weniger ventiliert, was das Wachstum der Pilze begünstigt. Bei Antibiotikagaben wird die normale Keimflora zerstört. Dabei entfallen auf der einen Seite die natürlichen Antagonisten (Gegenspieler) der Pilze, auf der anderen Seite fehlen dann viele der für die Vitaminbildung zuständigen Mikroorganismen. So genannte „prophylaktische“ Antibiotika-Behandlungen richten deshalb oft sehr viel Schaden an! Da der Behandlungseffekt gegen bakterielle Erkrankungen stark von der entsprechenden Resistenzlage abhängt, sollten Antibiotika bei Vögeln nur zielgerichtet eingesetzt werden!
Bei der Fütterung sollte man neben der Einhaltung der Bedarfsnormen für Vitamine und Mineralstoffe auch auf die Minimierung des Infektionsdruckes achten. Das heißt, man sollte das Tier möglichst wenig krankmachenden Keimen (konkret Pilzsporen) aussetzen. Während man auf dem Gebiet der Haltungshygiene diesbezüglich kaum markante Mängel sieht, finden sich leider immer noch die – zugegebenermaßen schmackhaften - Erdnüsse in den meisten handelsüblichen Futtermischungen für Papageien in teilweise großen Mengen. Insbesondere Erdnüsse sind stark mit Pilzsporen belastet und gehören daher nicht ins Vogelfutter!
Die Behandlung der Aspergillose ist immer noch problematisch und langwierig. Sie besteht je nach Schweregrad und Ausmaß der Erkrankung in der Verabreichung pilzbekämpfender Medikamente (Antimykotika) durch orale Eingabe (in den Schnabel oder per Futtersonde in den Kropf), per Inhalation oder in akuten Fällen auch durch intravenöse Injektion. Eine Heilung im Sinne der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ist stark vom Ausmaß der Veränderungen abhängig. Trotzdem kann der klinische Zustand des Patienten in den meisten Fällen deutlich verbessert werden. Die „Pilzlast“ kann soweit gesenkt werden, dass der Vogel klinisch gesund erscheint.
Die Vorbeuge gegen Pilzinfektionen liegt in einer konsequenten Beseitigung der Ursachen: Besonders bei Stubenvögeln ist alles zu unternehmen, um die Luftfeuchtigkeit möglichst über 60% zu halten (z.B. durch häufiges Duschen und Einsprühen). Das Futter sollte Pilzsporen-arm sein (ohne Erdnüsse). Extrudiertes Futter (Pellets) ist Keim- und demzufolge auch Pilzsporen-frei. Antibiotika-Behandlungen sollten niemals „auf Verdacht“ durchgeführt werden. Die Widerstandskraft der Tiere gegen alle Krankheitskeime einschließlich der Pilzinfektionen als „Faktorenkrankheit“ kann durch stressfreie Haltung, ausgewogene, vitaminreiche Ernährung und Einhaltung der bekannten Hygieneparameter deutlich gesteigert werden. Gut bewährt haben sich Inhalationsbehandlungen, die vorbeugend oder als Weiterbehandlung durchgeführt werden können. Neben der Senkung der Pilzlast in den Atmungsorganen (Lunge, Luftsäcke) wird damit auch eine Befeuchtung des Gefieders und der Haut erreicht, was die meisten Vögel als sehr angenehm empfinden.