Bakterien sind mikroskopisch kleine Krankheitserreger. Sie können selbstständig (Monoinfektion) oder gemeinsam mit anderen Keimen (Mischinfektion) eine Erkrankung hervorrufen. Bakterien werden hauptsächlich nach ihrer Färbbarkeit in grampositive und gramnegative Bakterien unterteilt. Einige Arten nehmen eine Sonderstellung ein, z. B. die Chlamydien (Erreger der Psittakose/Papageienkrankheit). Auch im gesunden Vogel sind verschiedene Bakterien in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander zu finden (Normalkeimflora, physiologische Mischkeimflora). Erst wenn eine bestimmte Bakterienart überhandnimmt oder eine fremde aggressive Bakterienart, die nicht zur Normalkeimflora gehört, hinzukommt, kann es zu einer Erkrankung kommen. Der Tierarzt kann durch bakteriologische Untersuchungen „gute“ von krankmachenden Bakterien unterscheiden und feststellen, welche Antibiotika (=Medikamente gegen Bakterien) am besten wirken.
Der gezielte Einsatz geeigneter Antibiotika ist auch beim Ziervogel von großer Bedeutung, da diese Mittel den Organismus des Vogels maßgeblich bei der Bewältigung einer bakteriellen Infektion unterstützen können. Folgen einer unsachgemäßen Therapie sind Therapieversagen und Resistenzbildung durch Unterdosierung bzw. zu kurze Behandlungsdauer oder die Begünstigung von Zweitinfektionen (z. B. mit Pilzen). Die richtige Wahl und Dosierung der eingesetzten Antibiotika hilft, die Gefahr von unerwünschten Nebenwirkungen zu minimieren. Gleichzeitig sollten andere krankheitsbegünstigende Faktoren (z. B. Stress) beseitigt und eventuell bereits durch die Bakterieninfektion entstandene Schädigungen (z. B. Flüssigkeitsverlust, Vitamin- und Mineralstoffmangel) mitbehandelt werden. Die Abwehrlage (Immunsystem) des Vogels muss verbessert werden.
Durch bakteriologische Untersuchungen werden die am Krankheitsgeschehen beteiligten Bakterien ermittelt. Es wird ein Resistenztest (Antibiogramm) durchgeführt, mit dessen Hilfe der Tierarzt ermitteln kann, welche Antibiotika den besten Therapieerfolg bei möglichst geringen Nebenwirkungen erwarten lassen.
Die meisten Antibiotika müssen dem Vogel direkt verabreicht werden. Eine Behandlung über das Trinkwasser oder Futter ist besonders bei Papageien und Sittichen nur zu empfehlen, wenn sichergestellt ist, dass die benötigte Wirkstoffmenge auch wirklich aufgenommen wird. Bei Behandlungen über das Trinkwasser darf grundsätzlich nur Trockenfutter bereitgestellt werden, damit der gesamte Flüssigkeitsbedarf über das Trinkwasser gedeckt wird und es zu keiner Unterdosierung kommt.
Staphylokokken sind grampositive Bakterien, die in der Umwelt überall vorkommen können (ubiquitär). Nicht alle Stämme sind krankmachend und können daher auch regelmäßig bei gesunden Vögeln nachgewiesen werden. Die größte Bedeutung als Krankheitserreger beim Vogel hat „Staphylococcus aureus“. Er kann Erkrankungen direkt verursachen oder andere Infektionen komplizieren. Betroffen können fast alle Organe sein. Staphylokokkeninfektionen spielen oft eine Rolle bei Gelenk- und Knochenentzündungen oder Hautveränderungen. Sie können auch an Erkrankungen der Nieren, der Leber oder des Atmungstraktes beteiligt sein.
Streptokokken sind grampositive Bakterien. Die Gattung „Streptococcus“ umfasst eine größere Zahl von Arten, die teilweise als normale Besiedler der Mundhöhle, der oberen Atemwege und des Darmes von Mensch und Tier (auch Vogel) vorkommen. Bei Störungen der Widerstandskraft können sie sekundär zu Infektionen von Gelenken u. ä. führen.
Enterokokken sind in der Vogelmedizin von eher untergeordneter Bedeutung. Sie sind meist nur dann in einen Zusammenhang mit einer Erkrankung zu bringen, wenn gleichzeitig eine Immunsuppression vorliegt. In allen anderen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen Zufallsbefund handelt.
Die Geflügeltuberkulose des Vogels ist immer eine „offene“ Tuberkulose, d. h. die infizierten Tiere können andere anstecken. In der Praxis werden Geflügeltuberkulosefälle heute relativ selten beobachtet, am häufigsten bei alten Amazonen, welche noch als Wildfänge nach Deutschland gekommen sind. Die Erreger werden zumeist mit dem Kot ausgeschieden. Die Einschleppung erfolgt durch angesteckte Tiere. Die Bakterien überleben im Boden bis zu sieben Jahre und sind nur gegen bestimmte (tuberkulozide) Desinfektionsmittel empfindlich. Erkrankte Vögel müssen aufgrund der Schwere der Problematik oft eingeschläfert werden. Die Geflügeltuberkulose ist in Deutschland meldepflichtig!
Clostridien benötigen für ihr Wachstum eine nahezu sauerstofffreie Umgebung. Ihre Sporen aber können überall im Boden und Wasser vorkommen und sind extrem widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse wie Austrocknung, Hitze und Kälte. Auch gegen die meisten Desinfektionsmittel und gegen Bestrahlung sind sie nur wenig empfindlich. Clostridien verursachen Erkrankungen nicht direkt, sondern durch ihre vor allem in warmen, stehenden Gewässern gebildeten Gifte (Botulismustoxine). Daher sind meistens Wasservögel (Enten, Gänse, aber auch Tauben und Finkenvögel) betroffen, wobei die Erkrankungen häufig auf bestimmte Gebiete begrenzt bleiben. Die Gifte werden durch den Darm aufgenommen und gelangen über den Lymph- oder Blutweg an die Nervenendigungen. Der Tod tritt schließlich durch Atemlähmung ein. Die Symptome (Krankheitsanzeichen) bei Botulismus sind von der aufgenommenen Toxinmenge, der Vogelart und von individuellen Unterschieden abhängig. Die Inkubationszeit beträgt Stunden bis Tage. Die ersten Anzeichen äußern sich in Bewegungsstörungen und Lähmungen. Je nach Verlauf sterben die Tiere innerhalb von Stunden oder erst nach Wochen (chronischer Verlauf). Die Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich auf allgemein unterstützende Maßnahmen, da die bereits aufgenommen Toxine und nicht das Bakterium die Krankheit verursachen.
Es gibt für Vögel krankmachende (pathogene) und nicht krankmachende Bakterienstämme dieser Art, wobei es schwierig ist, diese im Labor voneinander zu unterscheiden. Die Infektion erfolgt meist über das Futter oder Wasser, selten durch Staub. Die „Blutvergiftung“ (Septikämie) durch Escherichia coli bzw. deren Endo- und Exotoxine verläuft oft sehr schnell und ist gekennzeichnet durch Schläfrigkeit, Appetitlosigkeit, gesträubtes Gefieder, Durchfall und verstärkten Harnabsatz. Es kann zu einer blutigen Darmentzündung durch die Bakteriengifte kommen. Oft werden zusätzlich die Nieren geschädigt. Durch den starken Flüssigkeits- und Eiweißverlust kommt es zur Austrocknung und Abmagerung des Vogels. Escherichia coli kann auch für Atembeschwerden verantwortlich sein. Die Behandlung ist mit geeigneten Antibiotika möglich. Begleitend sollten Medikamente mit antiendotoxämischer Wirkung (gegen die Bakteriengifte) gegeben werden.
Die Ansteckung mit Salmonellen erfolgt in der Regel durch Aufnahme mit dem Schnabel. Ausgeschieden werden sie mit dem Kot, teilweise auch über das Ei. Man kennt unterschiedlich gefährliche Stämme. Bei einigen reicht eine alleinige Infektion, bei anderen muss eine gewisse Vorschädigung im Darm vorliegen, damit sie krankmachend sein können. Bei Psittaziden und Kanarienvögeln kommen Salmonellen relativ selten vor, dafür aber sehr häufig bei Tauben. Stark gefährdet sind Jungtiere und geschwächte Vögel. Erwachsene Tiere werden nur selten sichtbar (klinisch) krank. Sie können jedoch Dauerausscheider und somit eine Infektionsquelle sein. Weitere Infektionsquellen sind hauptsächlich Nagetiere und freifliegende Vögel. Eine Infektion mit Salmonellen muss nicht zur Erkrankung führen. Teilweise ist nur eine leichte Darmentzündung oder leichter Nasen‑ und Augenausfluss zu beobachten. Schwere Erkrankungen sind gekennzeichnet durch Fressunlust, Abmagerung, Schläfrigkeit, reichlich Wasseraufnahme, grünen Durchfall und Austrocknung. Bei Jungtieren kann auch Atemnot zu beobachten sein. Sterben können die Tiere an schnell verlaufenden Blutvergiftungen und damit verbundenen Entzündungen und kleinen Blutungen der inneren Schleimhäute. Werden Salmonellen mit dem Ei übertragen, so sterben die Embryos ab oder es schlüpfen lebensschwache Küken. Bei einem langsamen Verlauf sieht man zentralnervöse Störungen wie Zittern oder Gleichgewichtsstörungen. Es können Leber, Nieren und der Herzmuskel geschädigt werden. Gelenkentzündungen mit Schwellungen und Bewegungsstörungen bis hin zu Lähmungen der Flügel und Ständer sind ebenfalls möglich. Eine Therapie muss im Gegensatz zu den meisten anderen Bakterieninfektionen zumindest über sieben bis zehn Tage durchgeführt werden. Ansonsten wird in vielen Fällen nur eine Unterdrückung der Ausscheidung und / oder klinische Heilung erreicht, nicht aber eine vollständige Erregerabtötung. Eine Kontrolle auf Ausscheider einige Wochen nach der letzten Behandlung ist daher empfehlenswert.
Klebsiellen sind stäbchenförmig, besitzen eine Kapsel und bilden einen Schleimüberzug. Diese Eigenschaften schützen sie vor Umwelteinflüssen und machen sie gegenüber vielen Desinfektionsmitteln widerstandsfähig.
Häufig finden sich Infektionen der Niere mit anschließendem Nierenversagen. Bei länger andauernder Infektion kann auch die Lunge betroffen sein und Schweratmigkeit auftreten. Teilweise kommt es zu Entzündungen des Hirnmarks. Lokale (begrenzte) Infektionen finden sich in den Nasennebenhöhlen, im Schnabel oder im Kropf. Klebsiellen können im Labor angezüchtet und nachgewiesen werden. Die Therapie muss mit einem wirksamen Antibiotikum (nach Resistenztest) über einen genügend langen Zeitraum (7 bis 10 Tage) erfolgen.
Pseudomonaden und Aeromonaden sind sich sehr ähnlich und werden deshalb gemeinsam beschrieben. Es gibt zahlreiche Arten, aber nur „Pseudomonas aeruginosa“ und „Aeromonas hydrophila“ sind häufig beim Vogel als Krankheitserreger anzutreffen. Auch bei gesund erscheinendenden Vögeln sind Pseudomonaden-Nachweise als gefährlich einzuschätzen. Die Erreger sind in der Umwelt sehr widerstandsfähig und im Boden und Wasser weit verbreitet. Eine häufige Infektionsquelle stellt das Trinkwasser dar. Die genannten Bakterien bilden Giftstoffe, die zu Zellschädigungen führen und für Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe, Blutungen und sogar für ein Absterben von Gewebe verantwortlich sein können. Pseudomonaden und Aeromonaden können zu lebensbedrohlichen Erkrankungen vor allem bei Nestlingen und Jungtieren führen. „Pseudomonas aeruginosa“ ist gegen viele gebräuchliche Antibiotika resistent. Daher ist es möglich, dass durch einen unkritischen Antibiotika - Einsatz die empfindlicheren „Konkurrenzkeime“ wegbehandelt werden und es dadurch zu einer massiven Vermehrung von Pseudomonaden im Vogel und einer Verschlechterung der Situation kommt. Die Antibiotika - Behandlung sollte deshalb nur nach Resistenztest und über einen genügend langen Zeitraum erfolgen.
Pasteurellen sind meist Zweiterreger. Übertragen werden sie durch direkten Kontakt oder die Atemluft, aber auch durch blutsaugende Insekten. Ein weiterer wichtiger Infektionsweg beim Vogel ist die Übertragung durch Bissverletzungen, vor allem durch Katzen. So kann eine Blutvergiftung entstehen, die nach durchschnittlich 12 bis 48 Stunden tödlich endet, wenn sie nicht sofort behandelt wird. Weniger gefährliche Stämme können sich über die Blutbahn in die inneren Organe verbreiten und dort festsetzen. Sie produzieren dort bestimmte Gifte (Endotoxine), welche Blutgefäße schädigen. Dies führt zu Ödemen, Blutungen und Gewebetod (besonders in der Leber). Schnell verlaufende Infektionen äußern sich in Blauverfärbung der Schleimhäute (durch das Unvermögen, genügend Sauerstoff im Blut zu transportieren), Atemnot und Durchfall. In der Nase und im Schnabel kann vermehrte Schleimbildung beobachtet werden. Der Tod kann innerhalb weniger Stunden eintreten. Auch Gelenkentzündungen und zentralnervöse Störungen sind möglich. Die Behandlung sollte gezielt nach einer Resistenzbestimmung erfolgen. Bei Bissverletzungen von Vögeln sind neben der lokalen Wundversorgung sofortige vorbeugende Antibiotikagaben lebensnotwendig.
Mykoplasmen besitzen keine Zellwand wie Bakterien, sondern lediglich eine Zytoplasmamembran. Damit sind sie sehr empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen und Desinfektionsmitteln.Die Mykoplasmen sind bei Vögeln wahrscheinlich weltweit verbreitet. Bei Psittaziden, Tauben und Kanarienvögeln wurden im Zusammenhang mit Mykoplasmen chronisch verlaufende Erkrankungen der oberen Atemwege beobachtet.Zur Bekämpfung dienen in erster Linie hygienische Maßnahmen. Darüber hinaus können verschiedene Antibiotika mit eingesetzt werden.