Vorsorgeuntersuchungen in der Ziervogelhaltung sowie Empfehlungen für die Quarantäne

Die gefährlichen fünf „P“ und wie man sich vor ihnen schützen kann:

Ein großes Problem in der Ziervogelhaltung sind latent infizierte Tiere (angesteckte, aber nicht erkrankte Vögel). Einige Erreger können über Jahre(!) ausgeschieden werden, ohne dass diese Vögel selbst erkranken. In diesen Fällen nützt eine Separierung während der üblichen 28 Tage nach Zukauf – der „klassischen“ Quarantänezeit - wenig, wenn keine weiterführenden Untersuchungen erfolgen. Die Gefährdung geht neben der Psittakose vor allem von mehreren Virusinfektionen aus. Es ist durchaus berechtigt, von den gefährlichen fünf „P“ zu sprechen: Psittakose, PDD, PBFD, Polyoma und Pacheco. In diesem Beitrag soll erläutert werden, wie unsere Vogelbestände wirkungsvoll vor diesen und vor anderen Krankheiten geschützt werden können.

Die Quarantänisierung von Neuzugängen ist äußerst sinnvoll und durch die zunehmenden Möglichkeiten des Zu- und Verkaufs über weite Distanzen aktueller den je. Bevor man die Vögel in den Bestand integriert,  sollten weiterführende Untersuchungen während dieser Zeit durchgeführt werden. Nur so kann man sich wirkungsvoll vor dem Einschleppen von Virusinfektionen schützen, die zu hohen Verlusten führen und somit jahrelanges züchterisches Bemühen zunichte machen können. Ein Quarantäneraum darf also bei keinem Züchter fehlen.

Wie sollte ein Quarantäneraum aufgebaut sein?

Ein Quarantäneraum sollte räumlich soweit wie möglich von der Zuchtanlage getrennt sein (mindestens 2 Türen und 5 Meter Abstand). Er sollte leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. Außerdem ist ein Wasseranschluss sinnvoll. Ist es nicht möglich, dass eine zweite Person den Quarantäneraum betreut, so muss zumindest beachtet werden, dass zuerst die gesunden Vögel im Bestand versorgt werden. Vor Betreten der Quarantänestation ist ein nur für diesen Raum vorgesehner Kittel anzuziehen. Außerdem sollte das Schuhwerk gewechselt oder zumindest desinfiziert werden. Die Hände sind vor Betreten und – noch wichtiger - nach Verlassen des Quarantäneraums zu waschen und zu desinfizieren.

Der Quarantäneraum kann auch für die Unterbringung erkrankter Vögel genutzt werden:

Zu beachten bleibt dabei, dass bereits weitere Vögel im Vogelbestand angesteckt sein können. Weiterführende diagnostische Maßnahmen im Bestand können also gegebenenfalls angezeigt sein. Die Separierung von Patienten ist trotzdem wichtig. Sie minimiert die Ausbreitung von Keimen und senkt den Infektionsdruck. Außerdem können die erkrankten Vögel besser überwacht und behandelt werden.

Ankaufsuntersuchungen:

Bei Neuzugängen können während der Quarantänezeit durch gezielte Maßnahmen viele Gesundheitsrisiken minimiert werden. Im Einzelnen gehen von den verschiedenen Erregergruppen (Chlamydien, Viren, Bakterien, Parasiten und Pilze) sehr unterschiedliche Gefährdungsgrade aus. Außerdem ergeben sich aus den spezifischen Eigenschaften der einzelnen Erregergruppen auch  unterschiedliche Vorgehensweisen. Während von Chlamydien und Viren (insbesondere den bereits erwähnten fünf „P“) eine sehr hohe Gefährdung für den Gesamtbestand ausgeht, sind Bakterien und Parasiten in der Regel sehr schnell und effektiv behandelbar. Bei Pilzinfektionen (Aspergillose) handelt es sich meist um Einzeltiererkrankungen, wobei eine Ansteckung von Tier zu Tier nahezu ausgeschlossen ist.

Eine Untersuchung auf Chlamydien (Psittakose) während der Quarantänezeit ist unbedingt anzuraten, da es sich hierbei um eine Zoonose (eine auf den Menschen übertragbare Krankheit) handelt. Auf Grund bestimmter Eigenschaften des Erregers kann die Untersuchung nur mit Spezialtupferproben erfolgen. Diese Tupferproben sollten möglichst vom Auge und vom Rachen des Vogels entnommen werden, denn für den Nachweis sind chlamydienhaltige Epithelzellen nötig, die so am sichersten gewonnen werden können. Kotuntersuchungen sind erfahrungsgemäß zu unzuverlässig, da sie oft nur sehr wenige Epithelzellen enthalten. Wichtig ist die Tatsache, dass bei einem positiven Befund von zugekauften Vögeln in der Quarantäne nur diese behandelt werden müssen. Damit erspart man sich und seinen Vögeln eine Menge Stress und die Nebenwirkungen einer sonst notwendigen mehrwöchigen Antibiotikabehandlung. Ganz abgesehen von den je nach Bestandsgröße nicht unerheblichen Kosten.

Viele gefährliche Virusinfektionen (Polyoma, PBFD, Pacheco, u.a.) sind heute durch Untersuchung einer Blutprobe nachweisbar. Zum Teil (PBFD und Polyoma) ist dies auch in Feder- oder anderen Gewebeproben durch den Nachweis der spezifischen Virus-DNA möglich. Schwieriger gestalten sich Vorsorgeuntersuchungen auf PDD (Neuropathische Drüsenmagenerkrankung). Diese Erkrankung ist eine Mehrfaktorenkrankheit. Neben dem infektiösen Agens (seit seiner Entdeckung im Jahre 2008 wird das Aviäre Bornavirus dafür verantwortlich gemacht) spielen verschiedene Stressfaktoren eine große Rolle, welche die Erkrankung letztendlich zum Ausbruch bringen. Aus heutiger Sicht empfiehlt sich eine serologische Untersuchung (Blut) auf Antikörper. Damit kann nachgewiesen werden, ob der Vogel bereits mit dem Virus Kontakt hatte. Einen wichtigen diagnostischen Baustein stellt weiterhin eine Röntgenuntersuchung am Ende einer 3-monatigen(!) Quarantäne dar, da in dieser Zeit die Erkrankung in einer hohen Anzahl der Fälle zum Ausbruch kommt. Sind die typischen Veränderungen auf dem Röntgenbild sichtbar oder lassen sich andere Symptome feststellen, die für PDD sprechen könnten, so kann zusätzlich durch Kloakentupferproben versucht werden, das Virus direkt nachzuweisen. Hierbei ist allerdings nur ein positives Ergebnis beweisend. Diese Untersuchungsmethoden werden wahrscheinlich die (nicht ganz stressfreie und ungefährliche) Biopsieentnahme vom Kropf oder Drüsenmagen in Zukunft ablösen. Auch wenn sich die diagnostischen Möglichkeiten zur PDD in der letzten Zeit stark verbessert haben, so müssen noch weitere Erfahrungen gesammelt werden um einschätzen zu können, wie hoch deren Aussagekraft tatsächlich ist. Inwieweit gefährdete Bestände zusätzlich durch eine Impfung mit einem heterologen Impfstoff geschützt werden können, wird die Zukunft zeigen.

Die genannten Viruserkrankungen stellen das Hauptproblem bei der Gesunderhaltung unserer Vogelbestände dar. Sie bleiben oft lange Zeit unerkannt und es gibt kaum oder nur unzureichende Behandlungsmöglichkeiten. Deshalb sollten alle diagnostischen und anderen präventiven Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine Einschleppung zu verhindern. Denn die Sanierung von Virusinfektionen im Bestand gestaltet sich oft verlustreich, langwierig und damit auch teuer!

Zum Ausschluss von Bakterieninfektionen ist dringend von einer so genannten „prophylaktischen“ Behandlung abzuraten, da die in Frage kommenden Antibiotika einer Ausbreitung der schwerwiegenderen Mykosen (Aspergillose) Vorschub leisten können und auch andere unerwünschte Effekte (z.B. auf die Verdauungskeimflora) haben! Außerdem muss bei Bakterien immer mit Resistenzen gegen einzelne Antibiotika gerechnet werden. In diesem Falle ist der Medikamenteneinsatz ohne Effekt. Die meisten Bakterieninfektionen haben eine relativ kurze Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit), sie würden also mit hoher Wahrscheinlichkeit während einer 28-tägigen Quarantänezeit zum Ausbruch kommen. Bleibt dennoch ein Verdacht auf eine Bakterieninfektion (z.B. Salmonellose) bestehen, sollte zum Ausschluss eine bakteriologische Untersuchung durchgeführt werden. Hierfür werden Tupfer meist aus dem Rachen und der Kloake entnommen und untersucht. Beim Vorhandensein pathogener (=krankmachender) Bakterien wird dann ein Antibiogramm (=Resistenztest) erstellt, nach dem eine zielgerichtete und Erfolg versprechende Behandlung möglich ist.

Zur Einschleppungsvermeidung von Endo- und Ektoparasiten kann bei der heutigen Medikamentensituation meist zur vorbeugenden Behandlung geraten werden, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollte (z.B. Entwurmung des Gesamtbestandes 1-2 x jährlich). Je nach Vogelart muss man sich dabei besonders gegen Einzeller (z.B. Kokzidien), Würmer (z.B. Spulwürmer) oder Milben (z.B. Luftsackmilben oder Grabmilben) schützen. Diagnostizieren lässt sich der Befall mit Würmern durch die mikroskopische Untersuchung einer Kotprobe. Hierbei werden nicht die Würmer direkt, sondern die Wurmeier nachgewiesen. Ektoparasiten, deren hauptsächliche Vertreter bei Vögeln Federlinge und verschiedene Milben sind, lassen sich meist an charakteristischen Feder- oder Hautveränderungen erkennen.

Mykosen (Aspergillose) werden in den seltensten Fällen von Tier zu Tier übertragen. Eine Untersuchung auf Mykosen während der Quarantänezeit gibt uns demzufolge eine Aussage über das Einzeltier, nicht aber über die Gefährdung des Gesamtbestandes. Das wichtigste Diagnostikum stellt hierbei die Röntgenuntersuchung dar. Meistens kommt es zu einer Ansteckung über verpilztes Futter oder verpilzte Volierengegenstände. Begünstigend sind außerdem zu geringe Luftfeuchte (sollte mind. 60% betragen), wenig Flugmöglichkeiten und Vitaminmangel (insbesondere Vit. A). Aspergillose kann also durchaus auch ein Bestandsproblem sein. Charakteristisch sind Schweratmigkeit, Abgeschlagenheit und Abmagerung.

Bestandsuntersuchungen:

Natürlich sind unsere Vogelbestände nicht hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt und es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass sich trotz sorgfältig durchgeführter Diagnostik während der Quarantäne zugekaufter Tiere ein Infektionsgeschehen auszubreiten beginnt. Um dieses möglichst zeitig zu entdecken, empfiehlt sich ein regelmäßiger Check-up des Gesamtbestandes. Nur so kann größerer Schaden vermieden werden. Dabei stehen die selben Erkrankungen wie bei den Ankaufsuntersuchungen im Vordergrund. Hierbei muss nicht jeder Vogel einzeln getestet werden. In Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren (z.B. Bestandsgröße, Gesundheitsstatus, gehaltene Arten, Intensität des Tierverkehrs) können aussagekräftige Stichproben entnommen werden. Bei der Untersuchung auf bestimmte Erreger ist es auch möglich, Proben von mehreren Vögeln zusammenzulegen (zu poolen).

Durch gezielte Stichprobenentnahme und das Poolen von Proben ist eine sehr hohe Aussagekraft bei moderaten Kosten möglich.

Zusätzlich sollten natürlich alle in der Zwischenzeit erkrankten Vögel schnellstmöglich quarantänisiert und dem Tierarzt vorgestellt werden. Nach einer ausführlichen Anamnese, die auch den Bestand betreffende Fragen beinhaltet, und einer klinischen Untersuchung kann er dann gezielt auf jene Krankheiten untersuchen, die eine Gefährdung für den Bestand bedeuten können.

Der Nachweis der regelmäßig durchgeführten Untersuchungen und natürlich der Erregerfreiheit insbesondere der wichtigsten Virusinfektionen und von Psittakose schafft überdies Vertrauen bei Käufern. Leider werden die rechtlichen Konsequenzen, die aus dem Verkauf  kranker oder infizierter Vögel erwachsen können, häufig unterschätzt (siehe auch „Gefiederte Welt“ 12/2006, S. 368-369). Dabei können uns die zur Verfügung stehenden diagnostischen, präventiven und therapeutischen Möglichkeiten sehr gut vor der unkontrollierten Verbreitung gefährlicher Infektionskrankheiten schützen.