Für viele Menschen sind ihre Papageien oder Sittiche Familienmitglieder geworden. Ihnen liegt das Wohlergehen ihrer gefiederten Freunde sehr am Herzen. Was viele nicht wissen: Auch für Vögel sind regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen wichtig. Noch wichtiger als z.B. für Hund und Katze, wo es fast schon eine Selbstverständlichkeit geworden ist, das Tier mindestens einmal jährlich dem Tierarzt vorzustellen, meist in Verbindung mit der Schutzimpfung.
Vögel sind nicht vollständig domestizierte Tiere. Sie können eine Erkrankung sehr lange verbergen, um in der Rangordnung im Schwarm nicht abzufallen. In der Natur kann das überlebensnotwendig sein. Doch in menschlicher Obhut führt das oft dazu, dass gesundheitliche Probleme erst sehr spät erkannt werden. Außerdem besitzen Vögel einen sehr intensiven Stoffwechsel. Diesen benötigen sie nicht nur zum Fliegen, sondern auch zur Aufrechterhaltung ihrer im Vergleich zu Säugetieren recht hohen Körpertemperatur von ca. 41°C. Vielleicht ist ein abnehmender Spieltrieb, leichtes Aufplustern, zunehmende Aggressivität oder ein leichter Gewichtsverlust zu beobachten, mehr aber oft nicht. Mit anderen Worten:
Ein sichtbar kranker Vogel ist immer ein schwer kranker Vogel!
Soweit muss es nicht kommen. Mit den uns heute zur Verfügung stehenden Untersuchungsmöglichkeiten können viele Risiken schon sehr zeitig erkannt und bei Bedarf entsprechende Vorsorgemaßnahmen eingeleitet werden. Nun sind es sehr unterschiedliche Gefährdungen, von denen unsere gefiederten Freunde betroffen sein können. Verschiedene Erkrankungen treten bei bestimmten Arten gehäuft auf, andere sind eher unwahrscheinlich. Eine große Rolle spielt ebenfalls die Herkunft des Vogels (z.B. Züchter, Zoohandlung, Privathaushalt). Ein vogelkundiger Tierarzt kann das Gefährdungspotential ihres Vogels sehr gut einschätzen. In der Regel wird er den Vogel bei einem Gesundheits-Check up dazu in seinem Transportkäfig vorerst in Sichtweite im Praxisraum stationieren und ihnen eine Menge Fragen stellen, insbesondere wenn es sich um einen Neuzugang handelt. Dabei wird er Ihren Vogel aus den Augenwinkeln natürlich genau beobachten. Der nächste Schritt wird eine allgemeine Untersuchung sein, wobei der Tierarzt mit geübtem Griff Ihren Vogel aus dem Transportkäfig oder bei sehr zahmen Vögeln auch Ihnen aus der Hand nehmen wird. (Sind alle weiterführenden Untersuchungsgänge bereits klar, wird er diese eventuell unmittelbar im Anschluss durchführen.) Spätestens jetzt hat der Tierarzt alle notwendigen Informationen, um Ihnen vorschlagen zu können, welche Maßnahmen in Ihrem speziellen Fall notwendig und welche weiterführenden Untersuchungen ratsam sind. Bei Neuzugängen wird er in jedem Fall das Risiko der Psittakose (Papageienkrankheit) abklären, denn hierbei handelt es sich um eine Zoonose, also eine auf den Menschen übertragbare Krankheit (beim Menschen mit grippeähnlichen Symptomen und starken Gliederschmerzen einhergehend). Möglicherweise wird er weiterhin (zumindest bei Großsittichen und Papageien) eine Röntgenaufnahme verbunden mit einer Blutuntersuchung (Hämatologie und Blutchemie) vorschlagen. Die Kombination dieser beiden Untersuchungsarten ermöglicht einen sehr guten Überblick über den Gesundheitszustand des Vogels. Neben dem Zustand der inneren Organe (u.a. Leber, Nieren, Herz, Atmungs- und Verdauungstrakt) und des Skelettes liefert die Röntgenaufnahme deutliche Hinweise darauf, ob sich in Ihrem Vogel z.B. die relativ häufige Aspergillose (Pilzerkrankung der Atmungsorgane) zu entwickeln beginnt oder Anzeichen für das Vorliegen der gefürchteten Neuropathischen Drüsenmagenerweiterung (PDD) sichtbar sind. In Verbindung mit der Blutuntersuchung kann das Ausmaß möglicher Krankheitsgefährdungen sehr gut eingeschätzt werden.
Folgende weiterführende Untersuchungen können bei entsprechendem Verdacht ebenfalls notwendig werden:
Bestimmte Viruserkrankungen, insbesondere PBFD, Polyoma und Pacheco, können durch eine Blut(serologische)-Untersuchung, bei PBFD und Polyoma sinnvollerweise in Kombination mit einer Federprobe (frische, veränderte Federn) abgeklärt werden.
Bakterien, Hefepilze und Trichomonaden können in Abstrichen von Rachen, Kropf und Kloake nachgewiesen werden. Werden krankmachende Bakterien gefunden, so führt der Tierarzt einen so genannten Resistenztest durch, um festzustellen, welche Antibiotika am besten wirken.
Besteht der Verdacht auf eine Wurminfektion, so empfiehlt sich die Untersuchung einer Kotprobe (Sammelkot über 3 Tage) oder eine vorbeugende Behandlung.
Federlinge, Grabmilben und andere Ektoparasiten entdeckt der Tierarzt durch genaue Untersuchung des Gefieders, des Schnabels und der Füße des Vogels.
Nach der Eingangsuntersuchung, die sobald als möglich nach dem Erwerb eines neuen Vogels durchgeführt werden sollte, sind Folgeuntersuchungen im jährlichen Abstand meistens ausreichend. Bei bestimmten krankhaften Veränderungen können Untersuchungen in kürzeren Abständen notwendig werden. Natürlich sollten Sie Ihren Vogel unabhängig vom nächsten Vorsorgetermin umgehend Ihrem vogelkundigen Tierarzt vorstellen, wenn Sie an ihm Veränderungen bemerken, die auf eine Erkrankung hinweisen könnten.
Der Transport zum Tierarzt sollte möglichst stressfrei erfolgen. Sehr gut eignen sich dafür Katzentransportboxen, die von vorn zu öffnen sind. Optimal ist es, wenn diese bereits Bestandteil der gewohnten Umgebung des Vogels sind und dort z.B. ab und zu das Lieblingsspielzeug oder etwas Futter versteckt wird. Natürlich kann der Vogel mit kleinen Ausflügen in diesem Behältnis an Fahrten gewöhnt werden. Der Boden der Box sollte mit einem Handtuch, einem Stück Teppich (rutschfest!) oder dicken Lagen Zellstoff ausgelegt werden, damit der Vogel weich sitzt und sich festhalten kann. Zusätzlich kann eine Sitzstange montiert werden. Futter und Wasser sind in den meisten Fällen für die Fahrt nicht notwendig. Man kann aber z.B. ein Stück Apfel anbieten, falls der Vogel das mag. Ebenfalls für den Transport geeignet sind kleinere Käfige, die normalerweise als Schlaf- und Futterkäfige dienen, sofern diese in das Fahrzeug passen. Die Käfige sollten aber mit einem Tuch oder einer Decke abgedeckt werden, um den Vogel vor Zugluft und ungewohnten optischen Reizen zu schützen. In abgedunkelter Umgebung sind die meisten Vögel außerdem ruhiger. Die Temperatur im Fahrzeug sollte möglichst der gewohnten Umgebungstemperatur des Vogels entsprechen.
Wir wünschen Ihnen viele schöne gemeinsame Jahre mit Ihrem gefiederten Freund!