Kanarienpocken (Schnappkrankheit)

Nachdem bereits geglaubt wurde, die Kanarienpocken seien ausgerottet, ist die Zahl der Pockenfälle in den Kanarienbeständen in den letzten Jahren deutlich angestiegen, sodass eine Sensibilisierung der Züchter auf dieses Thema angebracht erscheint.

Pockenerkrankungen kennen wir sowohl bei Säugern als auch bei Vögeln. Die gleich lautende Erkrankung des Menschen gilt hingegen weltweit als getilgt. Die als Erreger ausgewiesenen Poxviren haben eine sehr hohe Artspezifität, sodass selbst für die betroffenen Vogelarten mehrere selbstständige Spezies des Avipoxvirus zuständig sind. Neben den Kanarienpocken kennen wir zurzeit acht weitere Vogelpockenvirustypen (z.B. die Taubenpocken). Übertragungsmöglichkeiten vom Säuger auf den Vogel bzw. vom Vogel auf den Menschen gelten als ausgeschlossen.

Die Kanarienpocken kennen wir als eine weltweit auftretende und zum Teil sehr verlustreiche Krankheit der Kanarien. Mit dem Virus der Kanarienvögel können sich auch Vögel anderer Familien innerhalb der Ordnung Passeriformes infizieren (u.a. der Sperling und andere Finkenvögel).

Da stechende Insekten eine Schlüsselrolle bei der Übertragung der Pockenerkrankungen spielen, häufen sich im Spätsommer und im Herbst die Krankheitsfälle. Eine Ansteckung ist aber auch mittels virushaltigen Vogelstaubes an der verletzten Haut  oder durch Einatmung desselben in der Lunge denkbar.

Die Erkrankung tritt in vier verschiedenen Verlaufsformen auf, wobei es sich um einen und denselben Erreger handelt:

-          die Lungenform oder septikämische Form

-          die Rachenform

-          die Hautform

-          und die asymptomatische Form

Bei der Lungenform denkt man zunächst an eine „Erkältung“ (Lungenentzündung) oder auch an Luftsackmilben. Die Vögel sind extrem schweratmig und sitzen schwanzwippend mit geschlossenen Augen und aufgeplustert  auf der Stange. Die Tiere sterben oft bereits innerhalb von wenigen Tagen.

Die Rachenform ist durch Beläge im Rachen, der Nasenhöhle (Schnupfen) und gegebenenfalls bis zum oberen Luftröhrenbereich gekennzeichnet. Die Krankheit prägt das Bild von Atemnot, welche innerhalb von wenigen Tagen meist zum Tod führt.

Bei der Hautform der Kanarienpocken macht die Diagnosestellung die geringsten Schwierigkeiten, sind doch die typischen Knötchen, welche überwiegend an den unbefiederten Regionen der Beine auftreten, für den erfahrenen Züchter sichtbar. Todesfälle gibt es bei dieser Krankheitsform eher selten. Die Vögel genesen meist innerhalb von zwei Wochen, wobei die „Knötchen“ noch einige Zeit sichtbar sind.

 Als asymptomatische Form bezeichnet man den unauffälligen Zustand eines Vogels, der sich zwar mit dem Pockenerreger angesteckt hat, aber selbst nicht erkrankt ist. Dabei kann sich das Virus bei dieser Verlaufsform in der Blutbahn aufhalten und somit via blutsaugender Insekten weiter verbreiten (z.B. über Wildvögel).

Findet man keine an der Hautform erkrankten Tiere, ist die Diagnosestellung der Kanarienpocken nur im Labor möglich.

Wie bei fast allen Viruserkrankungen ist auch bei den Vogelpocken eine direkt die Viren bekämpfende Therapie nicht möglich.

Durch hygienische Maßnahmen sowie Fernhalten von Mücken und bedarfsgerechte Fütterung kann das Risiko reduziert werden, ein wirksamer Schutz  gegen diese Erkrankung konnte aber nur durch eine sachgemäß durchgeführte Schutzimpfung erreicht werden. Ein  entsprechender Impfstoff ist in Deutschland leider nicht mehr auf dem Markt.

Das Virus ist in der Außenwelt besonders bei Trockenheit sehr widerstandsfähig, sodass z.B. abgefallene Knötchen oder Beläge monatelang ansteckungsfähig sein können. Dies ist für eine eventuelle Weiterverbreitung der Krankheit von Bedeutung. Für die Abtötung des Erregers werden demzufolge spezielle Desinfektionsmittel in hoher Konzentration und langer Einwirkzeit benötigt.

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Taubenpocken

Die Erkrankung kommt weltweit bei allen freilebenden Taubenarten, Taubenrassen und Stadt­tauben vor.

Bei Columbiformes kommen nur Tauben­pockenviren, welche mit den zahlreichen Pockenviren anderer Vögel und der Säugetiere nicht verwandt sind, als Krankheitsursache in Frage.

Das Taubenpockenvirus verursacht meist im Bereich des Kopfes (Augenlid, Nasenöff­nung, Schnabelwinkel, Schnabelhöhle) und seltener an den unbefiederten Beinen sowie an der Haut des Körpers rundliche, zu­nächst mit wässrig-schleimiger Flüssigkeit gefüllte und später verkrustende Hautveränderungen. Kommen keine zusätzlichen Infektionen hinzu, heilen alle Läsionen ohne Narbenbildung. Nach dem Krankheitsbild unterscheidet man mehrere Verlaufsformen:

-  Die Hautform ist die typische und die häufigste aller Formen.

- Die »Blutgeschwüre« sind eine spezielle Manife­stationsform der Hautpocken der Taube. Es handelt sich meist um symmetrisch auf beiden Kör­perhälften angeordnete, dunkle, rundliche, bis etwa kirschgroße Gebilde im Bereich der Flügel­decken oder der Brust.

-  Die Schleimhautform ist zwar eine seltene, aber die schwerste aller Ver­laufsformen, die insbesondere bei Brieftau­ben während der Zeit der Flugwettbewerbe auftritt. Die Pockenveränderungen in der Schnabelhöhle beginnen als rötlich gefärbte Erhabenheiten im Rachen und ähneln später in Farbe und Aussehen oft käsigen (diphtheroiden) Belägen. Je nach Ausmaß der Beläge bei dieser auch als „Pockendiphteroid“ bezeichneten Verlaufsform ist eine Behinderung der Atmung  und Nah­rungsaufnahme möglich..

-  Als „Gemischte Form“ bezeichnet man das gleichzeitige Auf­treten von Pocken auf der Haut und in der Schleimhaut.

-  Von der „Asymptomatischen Form“ (ohne Krankheitsanzeichen) spricht man, wenn sich eine Taube mit dem Virus angesteckt hat und dieses auch weiterverbreitet, selbst aber nicht sichtbar erkrankt.

Zur Vorbeuge gegen eine Taubenpockeninfektion ist neben einer Bekämpfung der ste­chend‑saugenden Insekten und Milben unbedingt eine Schutzimpfung des gesamten Schlages sinnvoll. Nach Aussonderung bereits erkrankter Tiere kann auch noch eine Notimpfung drohende Verluste senken. Ein chirurgischer Eingriff verspricht nur bei den „Blutgeschwüren“ einen Heilerfolg.

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Papageienpocken

Pockenviren verursachen bei vielen Psittazi­denarten Läsionen in der Haut des Kop­fes (Nasenöffnungen, Augenlider und Schnabelwinkel) und der Zehen sowie diphteroide Veränderungen (käsige Beläge) in der Schnabel­höhle. Nach meist gutartigem Verlauf heilen alle Läsionen ohne Narbenbildung.

Die Pockenviren der Psittaziden bilden eine eigenständige Grup­pe innerhalb der Familie Poxviridae. Pockenviren anderer Vogelarten sollen nicht auf Psittaziden übertragbar sein.

Da Pockenviren die gesunde Haut nicht durchdringen können, sind zum Haften einer Infektion kleine Hautwunden oder offene Federkiele nötig. Auch stechende In­sekten können als mechanische Vektoren das Pockenvirus übertragen.

Nach überstandener Erkrankung sind die Vögel gegen diese Pocken über Jahre immun. Zur Vorbeuge gegen Psittazidenpocken ist jedoch derzeit kein Impfstoff bekannt. Vorhandene Le­bendimpfstoffe gegen Vogelpocken ande­rer Vogelarten verleihen Psittaziden keinen Schutz.

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Papillome (Warzen) der Psittaziden

Die Erkrankung, deren Virusursache (vermutlich Papillomavirus oder Pockenvirus) noch nicht sicher ist, wird zuerst oft für einen Vorfall der Kloake (Kloa­kenprolaps) gehalten. Eine genauere Unter­suchung ergibt Hinweise auf das Vorliegen eines warzenähnlichen Tumors. Meist handelt es sich um ein­zelne erwachsene Psittaziden aus größeren Be­ständen, die stark durchblutete Zubildungen mit blumenkohlartiger Oberfläche im Be­reich der Kloake, aber auch im Bereich des Gaumendachs und Rachens bzw. im End­darm tragen. Die Papillome in der Schnabel­höhle führen zu Freßunlust, Speicheln und Schluckbeschwerden. Der Kotabsatz kann je nach Lage und Größe der Tumoren in der Kloake behindert sein. Papillome der Haut sind bei Psittaziden selten .

Eine Behandlung der Erkrankung ist nur auf chirurgischem Wege möglich, wobei der Erfolg auch von der Lokalisation der Zubildungen anhängt. Oft wird ein nachhaltiger Effekt erzielt. Dies wird mit einer „Selbstimpfung“ des Vogels während des chirurgischen Eingriffs erklärt.

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